Samstag, 16. August 2025

Nesselblättrige Neuzugänge

Glockenblumen sind großartig!

Das finden allerdings auch die Schnecken, daher wachsen in meinem Garten eigentlich nur Pfirsichblättrige Glockenblumen unbehelligt, denen die Beete aber zu vollgestopft sind. Große, um nicht zu sagen, großartige, geradezu größenwahnsinnige, Hoffnungen habe ich mir daher wegen der Nesselblättrigen Glockenblume (Campanula trachelium) gemacht. Eine geschenkte wächst an der Terrasse so prächtig im lichten Schatten, dass ich noch mehr haben wollte - auch für die auf Glockenblumen spezialisierten Wildbienen. Die sind zwar Dank der Haare in den Blüten oft sehr schlecht zu fotografieren, aber das ergibt auch oft schöne Bilder wie mit Weichzeichner.







Manchmal begeben sich sogar sommerliche Kugelspringer auf die Blüten - das hier ist Seine Winzigkeit, der überaus entzückende Deuterosminthurus pallipes:


Auch die ein oder andere riesige Nacktschnecken habe ich an meiner bisher einzigen schon  angetroffen, doch im Großen und Ganzen wird die Pflanze ignoriert und kommt gut zur Blüte. Versamt hat sie sich aber noch nicht - vielleicht werden die Sämlinge auch gefressen?

Jetzt bekam ich noch mehr Pflanzen, die von einem Bremer Balkon stammen und dort zu groß geworden sind. Ich hörte was von rhabarbergroßen Blättern - ob sie auch als Sonnenschirm durchgingen? Drei Töpfchen habe ich bekommen, die aus Transportgründen mehr oder weniger erstmal blattlos waren.

Eines habe ich vor den Rosenbogen gepflanzt, eines weiter hinten im Garten und das dritte ist noch unverändert.

Nun begab es sich aber, dass das hintere, schattigste sofort gefressen wurde, das vordere gar nicht. Also panierte ich den Boden rund um das Opfer mit Schafwollpellets, was keine Verbesserung brachte. Jeder Neuaustrieb musste wieder dran glauben - und das, obwohl die Stelle auch die Balz-Arena eines Igelpärchens war, das mindestens durch Drauftreten eine Wirkung hätte erzielen können.


Nun hatte ich auch noch Lebermoosextrakt bekommen, der gegen Schnecken helfen soll. Man muss eine verdünnte Lösung ansetzen, nachdem man nachgeforscht hat, wieviele Teelöffel denn 5 ml sind (einer), und die Pflanzen (oder was davon übrig ist) tropfnass einsprühen.

Da ich nur einen sehr kleinen Zerstäuber aus Glas habe, war das Unterfangen recht mühsam, aber irgendwann tropften die mitleiderregenden Stängel ganz gut.

Dummerweise wusch der Regen in der Nacht aber die mühsam geduschten Blätter wieder frei von jeglichem Lebermoosextrakt. Da zeigte sich ein Dilemma: Regnet es, hält die Lösung nicht auf den Blättern, regnet es nicht, braucht man keinen Schutz vor Schnecken und der Beweis, ob die Maßnahme gewirkt hat, ist nicht zweifelsfrei zu erbringen. Jedenfalls kann ich sagen, dass der erneute Versuch der Pflanze, in Blätter zu investieren, auch mit Lebermoosextrakt vergeblich war, nach dem zweiten Mal Einsprühen gedeiht die Pflanze aber prächtig, obwohl es auch dann noch mal geregnet hatte.

Hat es also gewirkt? War es etwas ganz Anderes? Hat die arme Glockenblume mittlerweile einfach selbst dafür gesorgt, dass ihre Blätter ungenießbar wurden? Bitterstoffe einzulagern und Stickstoff aufgebraucht zu haben kann ja helfen.

Nun bin ich also gespannt, ob beide Glockenblumen nächstes Jahr blühen werden. Für die dritte wird immer noch ein strategisch günstiger Standort gesucht.

Übrigens: Wenn die Nesselblättrige Glockenblume dann zur Blüte kommt, sollte man nicht zu voreilig sein mit der Schere! Auch vollständig abgeblühte Stängel bilden gern noch einmal Blüten. So hat man beides: Samen und neuen Pollen für die Glockenblumen-Scherenbienen.


Naja, und jetzt ist es wieder so nervig trocken und heiß, dass die Schnecken gerade mal keine Probleme bereiten.

Samstag, 9. August 2025

Rosa Wölkchen

Man sollte sich im kleinen Garten wirklich hüten vor Stauden, die größer werden als man selbst. So auch der Gewöhnliche Wasserdost (Eupatorium cannabinum). Zumindest aber schaue ich bei ihm zur Blütezeit in schöne, fluffige rosa Wölkchen. Gut, kleinen Pflanzen nützt das nichts, für die ist der Riese eine echte dunkle Gewitterwolke. Auch überragt mich der Wasserdost nicht nur, ich könnte mich vermutlich auch in ihn hinein legen und wäre auf ganzer Länge nicht mehr zu sehen.





Da habe ich wirklich nicht mit gerechnet, dass die Staude vom Samenkorn zum Platzhirsch wird. Noch dazu in so kurzer Zeit - das verflixte siebte Jahr dürfte das jetzt sein und zur Linken des Zierapfels ist alles voll mit Wasserdost. Man darf sich von seiner mädchenhaften Erscheinung mit den schlüpferrosa Blüten nicht täuschen lassen!

Der hat aber als heimische, spät austreibende Staude einige Vorteile: Frühlingsblumen können unbehelligt zu Ende blühen, da er sich nicht vor April hervorwagt. Sollte die Bärlauchbelagerung dann noch anhalten, macht das nichts, da wächst der Wasserdost einfach hindurch. Schnecken fressen ihn bei mir überhaupt nicht.

Man kann ihn ganz leicht selbst aus Samen ziehen, was er aber auch gern für einen übernimmt.

Er verträgt zwar feuchten Boden, aber kommt auch mit Trockenheit klar, wenn er eingewachsen ist. Dann bleibt er kleiner, was aber in diesem Fall nicht so schlimm wäre.

Wegen seiner wuchtigen Gestalt überlege ich im Juni immer, ob ich ihn im Herbst nicht mal ein bisschen zurechtstutze und Teile aus dem Wurzelstock aussteche. Und dann fängt er an zu blühen und ich bin wieder überwältigt von der Fülle an Insekten, die ihn besuchen.

Stammgäste sind jedes Jahr Bienenwölfe, Hummeln, Honigbienen und Riesen-Blutbienen, Bienenjagende Knotenwespen, Maskenbienen, Schmalbienen, Schwebfliegen, C-Falter, Grünader-Weißling und Faulbaum-Bläuling.

Da kann man sich dann danebensetzen und schauen, was passiert. Gut, man braucht schon einen Barhocker, um in die Blüten zu gucken, aber was soll's. Dann jedenfalls wird man mit atemberaubenden Szenen belohnt, wie den Jagdambitionen eines Weibchens der Grünen Krabbenspinne (Diaea dorsata), die versucht hat, nach Insekten zu greifen und dabei immer wieder vom Bienenwolf einfach überrannt wurde. Am Ende hat sie eine Blumenwanze erwischt. Sie hat auch links nur noch zwei Beine, das macht es nicht einfacher.




Damit der Wasserdost nicht unter sich bleibt, aber das Farbschema durchgezogen wird, hat er ebenfalls rosablühende Nachbarn bekommen, als da wären Moschus-Malven und Kerzen-Knöterich.

Ich weiß zwar noch nicht, wo das Ganze hinführen soll, aber wenn er blüht, ist er ja wirklich unwiderstehlich. Und die Insekten und Spinnen leben auf rosa Wolke Sieben.

Samstag, 2. August 2025

Ton im Kasten

Im Frühjahr sah ich ein Video vom britischen Biologen Dave Goulson, wo er zeigte, welchen Erfolge er mit selbstgemachten Bienenhotels für Frühlings-Pelzbienen hat. Bis dahin hatte ich noch nie davon gehört, dass man Hotels explizit für Anthophora plumipes, unsere Liebslings-Hektikterin des Frühlings, aufstellt. Lehmfächer in Nisthilfen für alle möglichen Insekten, das war mit bekannt, aber nicht eigens für den Pelzbienen-Pummel.

Er zeigte, wie er "potting clay", also Töpferton, in einen Holzkasten gab, der so so groß war wie ein Meisenkasten, und ihn an der Schuppenwand aufhängte. Wenige Zentimeter tiefe Löcher wurden hineingebohrt, damit die Bienen einen Ansatzpunkt zum Graben bekommen, denn ihre Gänge legen sie von dort aus grabend tiefer im Ton an. Und tatsächlich flogen dort kurz darauf Pelzbienenweibchen ein und aus und bauten ihre Nester. Wow! Das wollte ich auch haben.

Nun ist es eine Wissenschaft für sich, den richtigen Lehm für eine Nistwand zusammenzurühren, damit er nicht zu hart ist, aber auch nicht beim Trocknen auseinanderbröselt. Es gibt Lehmpulver zu kaufen, oder man mischt Lehm mit Sand, um die richtige Mischung zu erreichen - mit dem Fingernagel soll man das Material noch abkratzen können, wenn es trocken ist. In jedem Fall hat man am Ende einen großen Beutel gekauft, von dem man nur einen Bruchteil in einem kleinen Garten verbauen kann.

Hier das Bienenhotel bei uns im Botanischen Garten Bielefeld, wo die unteren Fächer von Frühlings-Pelzbienen und Schornsteinwespen zum Nestbau genutzt werden:

Aber so ein großes wollte ich ja gar nicht. Da erschien mit das mit dem Ton doch viel einfacher. Der ist im Einzelhandel schnell zu bekommen, wenn man plötzlich merkt, dass das Frühjahr vor der Tür steht, und es gibt ihn in kleinen 10kg-Packungen.

Also bin ich in den Bastelladen und habe mir ein Paket mitgenommen. Gut, wie schwer 10 kg dann wirklich sind, merkt man erst, wenn man den Brocken nach Hause bringen muss. Schon das Herunterwuchten vom Kassentresen in den Rucksack war nicht einfach. Ich hätte mit dem Rad bis vor den Laden fahren sollen, das wäre rückenschonender gewesen.

Zuhause habe ich den Ton dann in einen alten Blumenkasten gestrichen. Das Abflussloch habe ich vorher mit einer Tonscherbe bedeckt. Dann noch ein paar Lochansätze rein und fertig.



Die Pelzbienen haben sich allerdings nicht dafür interessiert - war der Ton doch zu hart oder hatten sie schon was Besseres gefunden?

Später baute eine Frühe Lehmwespe (Ancistrocerus nigricornis) zwei Löcher zu, aber verschloss sie mit braunem Matsch und erweiterte offensichtlich den angetäuschten Gang auch nicht.

Dann sah ich im Sommer plötzlich, dass im gebrannten Ton-Niststein Löcher mit verräterisch weißem Ton verspachtelt worden waren. Da hatte jemand offenbar nachgedacht und Ton in Ton gearbeitet, zwar nicht farblich passend, aber mit gleichem Material. Man braucht keine Spurensicherung, um zu wissen, woher das Diebesgut wohl stammt. Anscheinend war das Material dann doch von handelsüblichen Mandibeln gut zu bearbeiten und es war klar: Die Pelzbienen stellen sich an.

Der schwere Quader hat dann aber am Ende doch noch zu einem Happy-End geführt: Damit er auf jeden Fall trocken seht, hatte ich ihn auf ein Stück morschen Holzbrettes gestellt. Dann hatten wir die Idee, stattdessen einen Strangfalzziegel dafür zu nehmen. Also Holzbrett weg. Dann sah ich, dass kleine Grabwespen völlig verzweifelt an der Stelle suchten, wo vorher das Holz gewesen war. Und zwar auf beiden Seiten. Also alles wieder hochwuchten, Brett drunter, Strangfalzziegel und Quader drauf und die winzigen Wespen waren wieder glücklich.




Es handelte sich um Weibchen der Grabwespe Crossocerus, die Gänge in Totholz anfertigen und Zikaden als Larvenproviant eintragen. Sie hätten ohne das Tonprojekt wohl keinen Nistplatz gehabt. Immerhin etwas also.

Samstag, 26. Juli 2025

Wer könnte da widerstehen?

Letzten Samstag war ich zum Flanieren im Park der Gärten in Bad Zwischenahn verabredet. Der ist ja wie eine Gartenschau mit ganz vielen kleinen Mustergärten und größeren Teilen dazwischen, ähnlich wie die Gärten von Appeltern.

Wir waren aber schon am Freitag Morgen angereist und haben auf dem Wohnmobilstellplatz direkt am Park übernachtet. Aber kann man als Pflanzenbegeisterte denn allen Ernstes bis zum nächsten Tag warten, wenn die Verlockung so nah liegt?

Ich bin dann also schon mal vorsichtig um den Park herumgeschlichen und habe über die Zäune geschaut. Und dann auf die Preisliste. Aha, eine Tageskarte kostet 14 Euro, die Abendkarte ab 16 Uhr nur noch 9! Damit war das geklärt - je besser das Licht zum Fotografieren, umso kleiner der Preis. Da konnte ich nun wirklich nicht mehr widerstehen, denn am nächsten Tag, wenn der Park um 9:30 aufmacht, wäre das Licht stetig greller, die Schatten kürzer geworden und die Blüten wären flach von oben herab beleuchtet worden, man hätte sich sehr sputen müssen. Abends aber wird alles immer schöner, je flacher die Sonne steht.

Also bin ich um 17 Uhr in den Park und habe etwa 2,5 Stunden fotografiert. So war es an manchen Stellen schon menschenleer und am nächsten Tag konnte ich mich besser auf die Verabredung konzentrieren, weil ich die meisten Szenen schon am Vorabend abgefrühstückt hatte. Na gut, nicht alles, die Wegwarte hatte schon lange Feierabend, die musste ich morgens noch mal besuchen, als die Blüten noch geöffnet hatten. Auch die Bilder vom Aussichtsturm habe ich vormittags gemacht.

Ich finde ja sowieso, dass solche Parks und Gartenschauen von Mai an immer prächtiger werden und selbst im Herbst noch herrlich aussehen. Dafür sieht man im Frühling die Konturen der Gärten und Gehölze besser. Aber ich liebe einfach das Überbordende, die Blütenfülle und die vielen Insekten.

Besonders hatte es mir der bäuerliche Nutzgarten angetan. Der war voll schöner Ideen, dekorativer Kräuter und Gemüsesorten. Allein schon der mit Tontöpfen dekorierte Holzzaun ist ein Hingucker. An den Staudenwicken hielten sich gleich 5 Zitronenfalter auf.



Tunnel gegen die Lauch- und Möhrenfliege - wie ein Gartengespenst:


Wer braucht schon Hosta, wenn es Breit-Wegerich in schönen Sorten gibt? Völlig schneckenfest noch dazu:


Apropos Schnecken und Hosta: Im Park der Gärten wird auch nur mit Wasser gekocht, Löcher in den Stauden sind dort öfter mal zu sehen. Aber Monstera finden wir ja schön, warum nicht diese angefressenen Funkien?


Dass auch Stockrosen gefuttert werden, war mir allerdings neu:



Überall im Park finden sich Sitzplätze, es gibt sonnige und schattige Rückzugsorte für jeden Geschmack:


In vielen Mustergärten entdeckt man Dekoratives. In diesem hat es das Totholz nicht nur in die Beete, sondern auch bis auf den Tisch geschafft:


Hier dagegen wurde der Tisch einfach bepflanzt. Wie man sieht, hat er eine Wanne unter der Tischplatte verbaut, so haben die Kräuter genug Erde:


Überall Ein- und Durchblicke in interessante Gärten:







Es gibt auch größere Rasenflächen, die von Beeten mit Einjährigen oder Stauden-Gehölz-Kombinationen aufgelockert werden:






Hortensien dürfen in Nordeutschland nicht fehlen, obwohl sie nicht zu meinen Lieblingspflanzen zählen. Den Rhododendronpark habe ich auch ausgespart, muss ich gestehen.


Eine tolle Kombination europäischer und nordamerikanischer Stauden wie Lythrum virgatum, Lythrum salicariaEryngium und Echinacea pallida





Echinacea pallida finde ich mit seinem Schlabberlook ja irgendwie viel schöner als Echinacea purpurea (links).



Eine traumhafte Kombination aus Wiesen-Storchschnabel und Großer Sterndolde:



Eryngium mit Blauraute:


Puh, für manche Mustergärten braucht man aber richtig viel Platz und einen Hang dazu. Dafür kann man dann schwimmen:



Die wilden Gärten gefielen mir am besten. Ich frage mich, warum diese elendlangen Wiesenrauten so viel besser standhaft bleiben als meine Gelbe Wiesenraute?


Den Großen Odermennig habe ich auch im Garten, aber in Massen und mit mehr Sonne wirkt er doch viel besser:



Diese Lilien hatten es mir angetan - mit Brutzwiebeln behangen wie ein Christbaum und auch in Knospe schon der Hit. Ich nehme an, es ist Lilium lancifolium var. splendens, die Tiger-Lilie:

Mit noch mehr Eindrücken aus dem Bauerngarten möchte ich den Rundgang durch den Park der Gärten beenden. Ich hoffe, er hat euch gefallen.