Samstag, 13. Dezember 2025

Ampfer mit Stil

Ampfer ist gähnend langweilig und nur sein saurer Geschmack lässt uns bei seinem einschläferndem Anblick wieder munter werden? Das gilt sicher für viele Ampferarten. Sauer-Ampfer (Rumex acetosella) sieht zumindest in blühendem Zustand durchaus hübsch aus und wenn man dann noch die Raupen des Kleinen Feuerfalters an ihm findet, hat man ihn sicher genauso lieb gewonnen wie die haarige Larve.

Diese Pflanze steht übrigens sogar in einem Schrebergarten, was doch für die Optik spricht, oder?

So sieht der Kleine Feuerfalter als Schmetterling aus:

Auch die Ampfereule (Acronicta rumicis) kann man an Ampfer finden.

Wenn man aber eine Pflanze haben möchte, die nicht nur im Salat schmeckt, sondern auch noch ganz unverschämt gut aussieht, greift man zum Hain-Ampfer oder Blut-Ampfer (Rumex sanguineus).



Er wirkt wie ein heißblütiger Südeuropäer, ist aber heimisch und wächst gern an feuchteren, gern eher schattigen und sogar verdichteten Stellen. Doch auch im Topf und an sonnigen Standorten gedeiht er noch. Und er sieht das ganze Jahr über umwerfend aus - diese langen, grünen Blätter mit den roten Adern machen ihn zu einer prima Blattschmuckstaude, die man auch noch essen kann.

Das finden auch die Blattläuse, aber die werden ihrerseits von Schwebfliegenlarven gegessen:

Lässt man den Clown unter den Ampferarten zur Blüte kommen und Samen ansetzen, hat man bald reichlich heißblütigen Nachwuchs. 

Das sieht dann nicht mehr unbedingt dekorativ aus, aber man bekommt neue Pflanzen gratis.

Bei mir sät er sich rund um die Mutterpflanze herum auch im Rasen aus - was für seine Vorliebe für verdichteten Boden sprechen würde. Auch mein erstes Exemplar habe ich als Sämling bekommen, den ich aus einer Schutthalde gezogen habe.

Wer auf so einem durchlässigen Boden keimt, der keimt auch überall... Und so wird er manchem schon bald lästig. Aber immerhin: Die kleinen hübschen Blättchen der Sämlinge sind das beste Minigemüse, das man finden kann. Wenn er es also doch zu bunt treibt, kann man ihn auch einfach aufessen.

Ganz die Mama und unverkennbar Blut-Ampfer:

Einen Sämling habe ich aber mal in einen Kübel gepflanzt, wo er sicher sehr dekorativ aussehen wird. Mal schauen, ob er bald sämtliche Kübel einnimmt.













Samstag, 6. Dezember 2025

Cold Brew beim Kaffeestrauch?

Letzte Woche hatte ich ja von dem frostigen Wetter berichtet, das so schön überfrorene Pflanzen hergezaubert hat. Eine Woche später war ich im Botanischen Garten Münster und sah dort eine ziemliche Elendsgestalt im systematischen Teil herumstehen. Als Beispiel für eine Pflanze aus der Familie der Rötegewächse (Rubiaceae) war dort ein gar nicht mal so kleiner Kaffeestrauch ausgepflanzt worden. Und dann offenbar vergessen oder er war es nicht wert, vor dem Frost wieder ins Gewächshaus umzuziehen. Ich bin mir sicher, dass er an dem Frostwochenende auch ganz hervorragend ausgesehen hat, aber im Gegensatz zu Ahorn, Geweihbaum, Sägepalme und Co erwacht der danach aber nicht wieder zum Leben. Der ist jetzt hin - selbst ein Cold Brew wird wohl nicht klappen.

Eine hübsche Herbstfärbung ist das hier jedenfalls nicht, denn Coffea arabica ist eigentlich immergrün. Der hier aber nicht mehr, der ist jetzt immerbraun. Seinen zweiten Frühling erlebt der jedenfalls nicht mehr.


Wer meinen Blog schon länger kennt, weiß, dass ich seit fast 20 Jahren Kaffeesträucher im Wohnzimmer kultiviere und mein größter auch schon über 10 Jahre alt ist. Der ist etwa so stattlich wieder der gemeuchelte im Bot. Garten Münster. Daher tut mir das wirklich in der Seele weh, wenn so eine langsam wachsende Nutzpflanze als Opfer dargebracht wird, um den Gott des Frostes milde zu stimmen. Dem Kaffee nützt das nämlich jetzt auch nichts mehr, selbst wenn das klappen sollte.

Der Kürbis hier, der laut Schild keine Melone sein soll, ist auch erfroren, aber sicher gehen die Früchte ja noch.


Dieser schöne Nachtschatten, der gar kein Schild hatte und keine Tomate ist (vielleicht eine Baumtomate?), wurde auch seinem Schicksal überlassen. Man kam sich ein wenig vor wie auf einem Exoten-Friedhof - "Nieder mit den Neophyten!" An denen wurde offenbar ein Exempel statuiert... 😉

Ich vermute aber, dass diese Pflanze hier etwas schneller wieder aus Samen bis zu einer stattlichen Größe heranwächst als der Kaffee. Dahinter hängen große Blätter von einem Tabak wie Waschlappen auf einer Wäscheleine, die eine Staudenstütze ist, herum - auch vom Frost überrascht.



Wenigstens die Kohlpflanzen sahen noch fit und fidel aus:


Der Blick auf den Botanischen Garten von der Anhöhe aus verzeiht fast alles, aber eben nur fast:

Hier ragen ein paar erfrorene Sonnenblumen ins Bild mit dem Schloss im Hintergrund, was aber natürlich nicht schlimm ist:


Das nächste Mal nehme ich auch wieder die große Kamera mit nach Münster, aber ich hatte sie blöderweise zuhause gelassen, weil ich nicht mit Sonne gerechnet hatte. Die war auch kurz nach den paar Fotos wieder weg – konnte sich den toten Kaffee wohl auch nicht lange angucken...

Samstag, 29. November 2025

Frieren für Frostfotos

Botanische Gärten sind ja auch im Winter sehenswert, aber es gibt eine Zeit nach dem Laubfall und vor den Schneeglöckchen, da ist es ein ganz klein wenig, wirklich nur ein klitzekleines Bisschen trostloser als jetzt. Am schönsten ist es, wenn so wie am Wochenende die letzten Blüten vom Frost eiskalt überrascht werden und die Beeren und Zieräpfel an den Gehölzen noch nicht alle abgefressen wurden. Dann kann man auch dem neurotischen November etwas abgewinnen. Fotos und kalte Finger zum Beispiel.

Ich hatte also am Samstag gedacht, dass ich im Botanischen Garten Gütersloh morgens den Frost besuche und in der ersten Sonne des Tages Eiskristalle fotografiere - und diese möglichst nicht an der eigenen Nase vorfinde.

Also warm angezogen, Kamera eingepackt und in den Zug gesetzt. Tja, und kaum fuhr der los, kamen auch schon die Wolken aus Richtung Gütersloh angeflogen und da setzten sie sich auch erstmal fest. Immerhin war die Anlage fast menschenleer, die Fotos also auch. Erst als ich schon richtig durchgefroren war kam kurz die Sonne. Und dann auch mehr Besucher.

Und so sieht der Botanische Garten Gütersloh also im November bei Frost aus.

Der Fächer-Ahorn (Acer palmatum) hatte netterweise noch nicht alle seine roten Blätter ausgezogen. Zusammen mit den überfrorenen Samen sah er sehr adrett aus.


Auch die Beeren am Eingriffeligen Weißdorn wirkten ganz entzückend und die Amseln mussten Eisbomben futtern:



Die riesigen Hainbuchenhecken-Carrés, unter denen sich Laubengänge befinden, und die die Wasserspiele und Beete einrahmen, haben ihr Laub noch nicht abgeworfen, wie es für solche Hecken typisch ist. Das gibt einen warmen Farbton zum Immergrün der Rhododendren und Kiefern.




Mahonia media 'Winter Sun' gibt hier den Streber und blüht immer noch, als wäre noch Sommer oder schon Frühling:


Strahlende Zieräpfel wie Weihnachtsschmuck:




Der kleine Baum vorne links ist ein Zimtahorn:


Für die Rosen war es das jetzt auch mit der Immerblüherei:



Der Garten zeigt auch sehr schön, wie langweilig der Winter ohne abgeblühte Stauden und immergrüne Farne wäre.


Der große Baum hier unten ist ein Geweihbaum (Gymnocladus dioicus). Ihn sieht man selten, auf dem Bild unter diesem sieht man ihn aber noch mal von weiter weg:




Links hinter den quadratisch-praktisch-guten Hecke guckt eine Sägepalme hervor:







Und hier dann der Moment, auf den alle gewartet hatten: Die Sonne verzauberte den Perückenstrauch in leuchtende Zuckerwatte - und wie schön die Hecken plötzlich im Durchlicht erstrahlen! Und schon muss man sich beeilen, damit die schöne Sonne nicht die noch schöneren Eiskristalle zerfließen lässt. Aber da musste ich mir keine Sorgen machen, die Show war sehr schnell wieder vorbei und das Eis gerettet. 






Der Garten kostet übrigens keinen Eintritt und hat sogar eine (beheizte!) Toilette! Sonst hätte ich es auch nicht so lange dort ausgehalten...

Samstag, 22. November 2025

Totholz: Das blühende Leben

Totholz liegt nur faul rum, nimmt Platz weg und blüht noch nicht mal. Das kann man erstmal so stehenlassen, allerdings erwacht es bald zum Leben und dann wachsen kleine und größere Pilze aus ihm hervor - und wenn es soweit ist, kann man schon sagen, dass das Totholz eben doch blühen kann! Viele dieser Mini-Pilze, die sich besonders gern ansiedeln, sind bunt oder bizarr, und man kann sie auch oft im Garten begrüßen.

Ich habe mich in den letzten Wochen mal mit den winzigen Holzzersetzern beschäftigt und einige fotografieren können. Zum Größenvergleich habe ich die Kugelspringer gebeten, sich doch bitte einmal daneben zu stellen, was sie auch mehr oder weniger bereitwillig getan haben. Die sind einfach so niedlich wie nett!

Für manche der Pilze muss es nicht mal ein ganzer Baumstamm sein, ihnen reicht schon ein Stück Ast, das beim Zweige-Schreddern entstanden ist und als Mulch auf dem Beet herumliegt. Hier kann sich schnell eine Population breitmachen und dafür sorgen, dass die Asthäcksel noch schneller zu Humus werden.

Eine der häufigsten holzzersetzenden Pilze, die in Totholz leben, ist die Geweihförmige Holzkeule (Xylaria hypoxylon), die sogar ganz schwach leuchten kann! Sie hat einen schwarzen Stiel und weiße Sporenträger, die wirklich oft an ein Geweih erinnern. Wenn man ihnen zu nahe kommt, fliegen die weißen Sporen in alle Richtungen davon.


Sie liebt jede Art von Laubholz, Nadelbäume mag sie aber gar nicht. Ich finde sie regelmäßig auf den selbstgemachten Holzhackschnitzeln. Auch Baumstämme besiedelt sie und bald schon sieht das Holz aus wie ein Hirschrudel zur Brunftzeit.

Der nächste Kandidat sieht schon eher aus wie ein richtiger Pilz, wenn auch richtig winzig: Der Zarte Helmling (Mycena adscendens) macht seinem Namen wirklich alle Ehre.

Er ist gespenstisch weißlich mit ganz wenigen Lamellen. Auch er besiedelt liegendes Totholz und nimmt sich selbst kleinste Bröckchen vor. Bei mir im Garten ist er ein gern gesehener Gast und für die Kugelspringer gibt er die Stehlampe.



Neben den spartanischen Lamellen fällt er außerdem durch eine weiße Basalscheibe auf:





Der Laubholzhörnling (Calocera cornea) scheint geradezu zu leuchten wie orangefarbene Luftschlangen. Er wird auch Ziegenbart genannt, aber den Namen muss er sich mit anderen Pilzen, vor allem orangefarbenen Korallen, teilen.

Mit Kugelspringer


Er frisst feuchtes Laubholz und wäre sogar essbar - aber die Ernte ist bei der Größe doch ein bisschen mühselig.

Die Rötliche Kohlenbeere (Hypoxylon fragiforme) kann man mit Ästen und Stämmen von Buche in den Garten locken, eine verwandte Art braucht Erle oder Hasel. Wenn ihr das Totholz zusagt, besiedelt sie es gern gleich mal flächendeckend, um ihre Besitzansprüche geltend zu machen.





Sie scheint schwarze Sporen abzusondern, denn man sieht oft Kugelspringer mit Borsten am Po, die wie in Tinte getunkt aussehen. So verbreiten die kleinen Knutschkugeln den Pilz.


Glibberig, aber dafür sehr farbenprächtig, treten der Großsporige Gallertbecher (Ascocoryne cylichnium) und seine Verwandten auf. Er ist wunderschön lila. Anfangs ist er noch klein, aber bald breitet er sich zu flache Fruchtkörpern aus.

Der dunkle Kugelspringer Dicyrtomina fusca passt farblich ganz hervorragend zu diesem Pilz, während der Bunte Kugelspringer (Dicyrtomina ornata) mit seiner gelben Färbung dazu kontrastiert und sofort auffällt.





Hier ist links im Bild sogar noch ein echter Winzling, der Goldene Kugelspringer (Sminthurinus aureus), zu sehen:



Der Gallerbecher mag gern Buchenholz, geht aber auch an anderes.


Falls ihr Totholz im Garten habt, schaut ruhig mal nach den pilzigen Bewohnern! Auch wenn man sie nicht essen kann, sind sie doch sehr faszinierend anzuschauen.